TSN auf der Überholspur?

Im Gespräch mit Analog Devices

TSN auf der Überholspur?

TSN ist in aller Munde. Auch auf der embedded world im März war das Thema omnipräsent. Wir sprachen mit Volker Goller von Analog Devices um zu erfahren, woher der Hype kommt, welche Vorteile sich mit TSN für embedded Designs ergeben und welche Zukunftsmusik wir von dieser Technologie erwarten dürfen.

 (Bild: Analog Devices)

(Bild: Analog Devices)

Herr Goller, können Sie uns einen kurzen historischen Abriss zum Thema geben? Ethernet, TSN, wo sind die Ursprünge?

Goller: Ethernet kam als Technologie schon in den 70er-Jahren auf. Damals benutzte man noch ein Koax-Kabel, eine ‚Partyline‘, und benutzte Collision-Detection um sich praktisch den Draht zu teilen. Das war hoch undeterministisch und konnte zu merkwürdigen Zuständen auf dem Netz führen. Mitte der 80er-Jahre wurde zu ‚Switched Networks‘ übergegangen, d.h. Ethernet ist eigentlich nur ein Punkt-zu-Punkt-Link zwischen Switches und Geräten und die Switches vermitteln weiter. Das war die erste Voraussetzung dafür, dass man ernsthaft in Erwägung gezogen hat, Ethernet in der industriellen Automation zu verwenden.

Aus Sicht der Automatisierer sind doch die Latenzen, die sich addieren, nicht wirklich so deterministisch wie man sich das vorstellt?

Goller: Richtig, der durch das Switchnetwork erreichte Determinismus war noch nicht ausreichend, weil die Nachrichten in den Switches fast immer gepuffert werden. Sie werden meist erst empfangen, dann wird geschaut wohin sie müssen, erst dann werden sie weitergeleitet. Für die Ansprüche der industriellen Automation,
insbesondere der Factory Automation, war das nicht ausreichend. Man brauchte eine
Technologie die es einem erlaubt Bandbreitenzuweisung viel genauer unter Kontrolle zu
halten.

„Wenn man an Industrie 4.0 denkt, wo mehrere verschiedene Internetprotokolle gleichzeitig auf einem Kabel funktionieren, ist TSN ein Muss.“

Volker Goller,
System Applications
Engineer bei Analog Devices

Wie entstanden dann Ethercat, Profinet, IRT, Sercos, etc?

Goller: Der nicht hinreichende Determinismus und nicht hinreichende Echtzeitfähigkeit waren die größten Probleme. Da es nichts auf dem Markt gab und die IEEE nichts definiert hatte, haben die Unternehmen einfach selbst angefangen zu entwickeln. Erst später hat der IEEE eigene Standards entwickelt, allerdings kamen diese zu spät und waren anfangs auch nicht geeignet für die industrielle Kommunikation. Das wurde bekannt als Audio/Video-Bridge. Die Automatisierer nehmen schon gar nichts wo Audio/Video drin steht.

Inwiefern waren die Audio/Video-Bridge-Produkte für die Automatisierer geeignet?

Goller: Die Produkte waren nicht geeignet um die Latenzen zu liefern, die in der Automatisierung und innerhalb von zum Beispiel Performance-Motion benötigt würden. Weil AVB im Audio/Video-Bereich relativ erfolgreich war, baute man das aus und daraus ist TSN geworden. Anfangs lief es noch als Audio/Video-Bridge 2, wurde aber wegen des viel größeren Anwendungsbereichs umbenannt – und das war dann TSN (Time-Sensitive Network). Das ist kurz gesagt die Geschichte. Ziel ist natürlich, dass irgendwann alle die gleichen Echtzeiterweiterungen bei Ethernet benutzen.

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